Was mache ich mit meinem Boot in der kalten Jahreszeit? Diese Frage stellen sich jedes Jahr viele Segler, besonders frische Eigner oder wenn es gerade einen Revierwechsel gegeben hat bzw. dieser für die nächste Saison ansteht.
Mal angenommen für Dich kommt wie bei den meisten anderen Bootseignern eine Überwinterung im Wasser eher nicht in Frage, stehst Du nun vor der Herausforderung, aus den zahlreichen Winterlager-Angeboten das am besten für Dich passende auszuwählen. Ich kann hier natürlich keine allgemein gültige Lösung darstellen, da ein jeder andere Bedürfnisse und Vorlieben hat, aber ich selber habe in den vergangenen 3 Jahren jedes Jahr das Winterlager für meine SY Hoppetosse gewechselt, um als Neueigner alle Varianten einmal durchzuprobieren. Daher habe ich in den letzten Jahren relativ viel zum Thema recherchiert und möchte die Ergebnisse in diesem Artikel mit Dir teilen. Ich fange mit den grundsätzlichen Leitfragen an, die relativ unabhängig von Deinem Revier und Wohnort sind. Im zweiten Teil führe ich speziell die Ergebnisse über meine Winterlager-Recherchen in Hamburg und Umgebung auf.
Bevor Du weiterliest, möchte ich hier noch einen praktischen Shop empfehlen, bei dem Du Dir alle notwendigen Winterlager Produkte ganz einfach nach Hause bestellen kannst.
Die große Frage: Winterlager drinnen oder draußen?
Ein Hallenlager hat auf den ersten Blick nur Vorteile. Du kannst witterungsunabhängig arbeiten, es ist keine aufwändige Planenkonstruktion notwendig, höchstens eine Staubschutz-Folie über Deck. Es gibt in der Regel eine Beleuchtung, so dass Dich die im Winter verkürzten Tageslichtzeiten zum Arbeiten nicht kümmern müssen.
Auf der anderen Seite gibt es in der Halle oft mehr Restriktionen als im Freilager. Schleifarbeiten sind in der Regel nur mit Absaugung zulässig, daher brauchst Du entsprechend (professionelles) Werkzeug. Es gibt dafür vollintegrierte Lösungen aus Schleifgerät und dazugehörigem Staubsauger, die natürlich entsprechend hochpreisig werden können. Ich habe für mich einen guten Kompromiss gefunden mit einem alten, universell einsetzbaren Naß-Staubsauger und der Neuanschaffung des wirklich sehr empfehlenswerten Fein Multimaster mit Absauganschluss.
Wenn wir zu zweit am Boot arbeiten, kommt zudem noch ein akkubetriebenes Handschleifgerät von Aldi zum Einsatz. Gibts dort einmal im Jahr inkl. einem dicken Stapel Schleifpapier für unter 50 Euro. Tut für kleinere Holzteile wie Grätinge auch seinen Dienst.
Ein weiterer Nachteil der Hallen besteht darin, dass Du bei den Arbeiten vor Saisonbeginn nicht die Frühjahrs-Sonnenstrahlen genießen kannst. Nicht zuletzt durch die Metallkiele wird nachts viel Kälte in den Hallen gespeichert, wodurch diese auch bei schönstem Frühlingswetter noch eisig kalt sein können.
Und wie sieht es unter freiem Himmel aus?
Im Freilager ist natürlich der große Unterschied, dass Du Deine Yacht und vielleicht auch Dich selbst beim Arbeiten vor der Witterung schützen willst. Eine große, stabile Plane zur Abdeckung ist hier zwingend notwendig, wenn Deck und Aufbauten nicht unnötig durch Sonne, Schnee und Stürme ausgelaugt werden sollen. Bei den Sommertörns geht es ja schon rau genug zu, oder?
Ich habe die Plane bisher immer direkt am Boot befestigt, entweder mit Seilen oder Spanngurten unter dem Rumpf oder mittels Gewichten (Tipp: Gefüllte PET-Flaschen) an den Seiten. Letzteres erleichtert den Ein- und Ausstieg in der Wintersaison doch um Einiges. Die hohe Schule der Freilagerung wäre der Bau einer zeltähnlichen Konstruktion aus Latten und noch mehr Plane. Dadurch hättest Du auch einen trockenen Arbeitsplatz unter oder neben dem Rumpf.
Das Freilager erfordert grundsätzlich mehr Kontrolle. Stürme können die Abdeckungen angreifen, Eis- und Schneemassen müssen ferngehalten werden und nicht zuletzt gibt es auch eine latent höhere Einbruchgefahr.
Selber machen oder zurücklehnen?
Die nächste Frage stellt sich nach der Art des Anbieters.
Falls Du dich in der kalten Saison lieber mit einem spannenden Seefahrerroman vorm Kaminfeuer zurücklehnen möchtest, gibt es bei einigen Winterlager-Betrieben durchaus die Möglichkeit ein Komplett-Service Paket zu buchen. Als Referenzpunkt kannst Du bei großen Anbietern wie z.B. der Ancora-Marina in Neustadt oder der Mittelmann’s Werft in Kappeln schauen. In fast jedem Revier gibt es aber mittlerweile Werften, die solch einen rundum-sorglos Tarif anbieten und von Standard-Arbeiten wie Schleifen, Mastlegen und -stellen, Streichen des Unterwasserschiffes, Holzpflege und -lackierung und dem letzten Schliff in Form einer Poltur bis zu individuell notwendigen Reparaturen alles anbieten. Das ganze hat natürlich seinen Preis. Ich habe von Mehrkosten ggü. Einem reinen Lagerplatz von 200% gelesen oder Größenordnungen von 100 Euro pro Fuß Schiffslänge (inkl. Lagermiete). Wenn diese Option für Dich in Frage kommt, dann frag am besten einige aktuelle Angebote an und vergleiche die Leistungen und Preise genau.
Wenn Du alle Winterarbeiten selber erledigen möchtest, hast Du im Grunde genommen freie Wahl. Ich habe bisher nur sehr vereinzelt Werften gesehen, die Eigenarbeiten einschränken oder nicht erlauben. Eine Werft oder ein anliegender Bootsbaubetrieb kann für viele Yacht-Bastler hilfreich sein, wenn sie mit dem eigenen Latein am Ende sind oder für eine Spezialaufgabe das richtige Werkzeug fehlt. Für die „Alles-selber-Macher“ kommen natürlich auch Scheunen in Frage, die Bauern als Winterlager vermieten. Die Lagerung auf dem eigenen Grundstück kommt leider nur für die wenigsten in Frage, da entweder der Platz fehlt oder der Transport unwirtschaftlich wäre. Daher gehe ich jetzt hier nicht näher drauf ein. Ich möchte aber festhalten, dass das für mich ein Traum wäre, den ich einmal realisieren möchte. Kennt Ihr noch „Hör mal wie der hämmert?“ und den Hot-Rod in der Garage? Genau so nur mit dem eigenen Boot. 🙂
Was kostet der Spaß?
Pauschal lässt sich sagen, dass die teuerste Variante sicher eine beheizte Halle ist. Selbst bei einer 23 Fuß Yacht kämen hier schnell Kosten von über 1300 Euro zusammen. Unbeheizt gäbe es das ganze für ein Drittel weniger. Das Freilager hingegen kostet davon meist noch weniger als die Hälfte. Entscheidend ist hier wie in allen Immobilienangelegenheiten die Lage. In unmittelbarer Nähe großer Yachthäfen oder Metropolen sind die Preise mindestens 20% höher. Ein wichtiger Faktor, den Du nicht außer Acht lassen solltest, sind die Fahrtkosten und bei Bedarf auch den damit verbundenen Zeitfaktor. Ich konnte zum Beispiel zu meinem letzten Winterlager nach der Arbeit mit U-Bahn und Fähre kommen und hatte an den Wochenenden eine angenehm verkehrsfreie 30-minütige Strecke durch ein Industriegebiet. Rechne einfach mal aus, wie hoch Deine Fahrtkosten sind, wenn Du jedes zweite Wochenende für 4 Monate zu Deinem Boot ins Winterlager fährst. Da können sich um 20% höhere Mietpreise schnell rentieren.
An was muss ich bei der Wahl des Winterlagers noch denken?
Neben den bereits erwähnten möglichen Restriktionen solltest Du prüfen, ob es weitere Beschränkungen hinsichtlich der Zeiten gibt, in den Du das Lagergelände betreten bzw. dort arbeiten kannst. Einige Vermieter wohnen nämlich direkt auf dem Grundstück und da kann ich es auch verstehen, wenn diese auf nächtliche Trennschleifer-Gesänge verzichten wollen. Einige Werften haben zudem bestimmte Vorschriften in wie fern Fremdfirmen an den dort lagernden Yachten tätig werden dürfen. Woran ich anfangs nicht gedacht hatte, was ich aber für die Entscheidung nicht ganz unwichtig halte, sind auch die Bedingungen beim Ein- und Auskranen. Erledigt der Winterlagerbetrieb das eigenständig oder musst Du ggf. mit einer zusätzlichen Hilfsperson anwesend sein und trägst die Verantwortung für die Position der Gurte? Im Grunde genommen gehört das Dabeisein ja zum Hobby mit dazu, aber manchmal ist es gerade für Berufstätige nicht so leicht, den eigenen Terminplan mit dem eng getakteten Plan der Kranführer übereinzubringen.
Um zu einem validen Preisvergleich zu gelangen, solltest Du zudem genau prüfen, welche Nebenkosten noch zu dem Mietpreis hinzukommen. Das Vorgehen ist hier nämlich sehr unterschiedlich. Einige Vermieter bieten Pauschaulpreise inklusive aller notwendigen Leistungen, andere berechnen zum Grund-Mietpreis alle Posten wie Kranen, Strom, Müllentsorgung, Lagerbock, Mastenlager, Rumpfwäsche einzeln ab. Als letzten Punkt solltest Du prüfen, wie die Versicherungsbedingen sind. In der Regel wird gefordert, dass die Haftpflichtversicherung Deiner Yacht auch die Wintersaison abdeckt. Eine Kaskoversicherung kann sinnvoll sein – gefühlt brennt jedes Jahr irgendwo in Deutschland eine Halle mit Yachten ab – ist aber normalerweise jedem selbst überlassen.
Wenn Du weitere Details zum Einwintern lesen möchtest, kann ich Dir sehr diese Artikelsammlung aus der Yacht dazu empfehlen.
So findest Du ein Winterlager für Deine Yacht in und um Hamburg
In Hamburg selbst gibt es im wesentlichen drei „Winterlager-Reviere“.
1. Zum einen nördlich der Elbe am Hamburger Yachthafen in Wedel, wo es direkt von der Yachthafengemeinschaft Lagerhallen sowie Stellplätze unter freiem Himmel gibt. Erstere sind aktuell allerdings nicht ohne mehrjährige Wartezeit zu bekommen, letztere sind laut Auskunft des Sekretariats zumindest für alle interessierten Festlieger ausreichend vorhanden, einige Gastplätze wohl auch. Zudem gibt es in Wedel einige Werften wie z.B. die Wegener Jachtwerft oder Yachtbau Wedel die Winterlager mit umfangreichem Service anbieten.
2. Auf der Südseite der Elbe gibt es die meisten Winterlagerplätze in Finkenwerder bei den im Rüschkanal ansässigen Vereinen und Werften wie der Heuer Werft, in deren Halle ich auch die letzte Wintersaison verbracht habe. Es ist dort zwar nicht die günstigste Option, aber dafür sind alle Leistungen im Preis inklusive und der Service ausgezeichnet. So hat etwa das Kranen einmal komplett ohne meine Anwesenheit geklappt. Außerdem gibt es direkt auf dem Gelände einen kleinen Ausrüster, der bei fehlenden Teilen oder Farben während der winterlichen Bastelarbeiten für mich des öfteren eine willkommene, praktische Anlaufstelle war.
Südlich gibt es zudem noch im Hafengebiet selbst diverse Anbieter von Winterlagern wie den Harburger Yachthafen oder die Bootswerft Peter Knief.
3. Das dritte Gebiet wäre dann östlich der Elbbrücken im Bereich Bille und Dove-Elbe. Dort habe ich etwa einen Winter in der sehr idyllisch gelegenen Werft Allermöhe verbracht. Saisonstart und -ende müssen hier mit gelegtem Mast erfolgen und bringen eine für den Segler nicht alltägliche, recht interessante Tagesfahrt durch das Hamburger Stadtgebiet und die grünen Vierlande mit sich. Die Preise sind hier im Schnitt etwas niedriger als im Westen Hamburgs, wobei die Anfahrt mit dem Auto später für viele Stadtbewohner sehr nah sein dürfte. Außerdem fand ich hier Betreuung und Atmosphäre sehr herzlich und persönlich. Daher für den ein oder andern keine ganz verkehrte Option.
Die „exklusivste“ Variante wäre ein Winterlager an den Alsterkanälen mitten in der Stadt, die für die meisten Eigner allerdings eine theoretische bleiben dürfte. Scheitern wird es weniger am Preis, als dass die Anlagen in der Regel nur für Jollen oder eher kleinere Kielboote ausgelegt sind. Der einzige mir bekannte Kran mit ausreichender Hebelast auch für Yachten steht bei Bootslagerung Wüstenberg in Eppendorf, wo freie Plätze für Kielboote allerdings auch eher rar sind. In meiner unmittelbaren Nachbarschaft gibt es am Goldbekkanal in Winterhude auch drei Lagerhallen, eine davon z.B. von der Bootswerft Küntzel. Wenn hier am Kanal Segelboote überwintern wollen, müssen diese auf eigenem Trailer anreisen, da es nur Kräne für Jollen gibt.
Außerhalb von Hamburg gibt es natürlich zu beiden Ufern der Unterelbe zahlreiche weitere Winterlager Möglichkeiten, aber mit diesen habe bisher keinen persönlichen Erfahrungen gesammelt.
Ich stelle die von mir gesammelten Daten in der folgenden tabellarischen Übersicht öffentlich zur Verfügung. Das Dokument ist für jeden Leser freigegeben zur Bearbeitung, so dass Du gerne Dir noch bekannte Winterlager in und um Hamburg ergänzen kannst. Ich werde ebenfalls mir neue Infos von Zeit zu Zeit dort aktualisieren.
Klicke hier für Vollbilddarstellung mit Bearbeitungsmöglichkeit.
Titelbild lizensiert unter Creative Commons von Jyrki Salmi
Zum Abschluss möchte ich noch die Empfehlung für ein Buch abgeben, das ich auch besitze und mir schon das ein oder andere Mal bei Fragestellungen rund um das richtige Ein- und Auslagern und die Winterlager Zeit dazwischen gegeben hat:
Winterlager für Boote und Yachten: aufslippen – instand halten – abslippen
Wer passend zur Winterzeit lieber andere Geschenke für Segler sucht, für habe ich hier ein paar weitere Anregungen.
Hallo Stefan,
vielen Dank, ein sehr guter Beitrag 🙂
Wir sind uns zwar schon fast sicher, was wir tun – aber so hunderprozentig steht es noch nicht und Dein Artikel gibt doch noch ein paar Impulse. In ‚unserem‘ Hallenlager darf man zum Beispiel auch nicht schleifen – und das sollten wir nun wohl.
Lieben Gruß
Marc (von elternzeitquerab.de)
Hallo Marc,
danke für Deinen Kommentar. Freut mich, dass Dir der Artikel gefällt. Viel Erfolg beim Schleifen, sei es draußen (wie ich dieses Jahr) oder drinnen mit Staubsauger 😉 Nach so einer längeren Tour wie bei Euch hat sich das Schiffchen das ja auch verdient.
LG
Stefan
Sehr guter Bericht.
Für mich bleibt derzeit nur eine Variante des Winterlagers übrig – die im Freien.
Ich schaue, dass ich alles selbst machen kann. Bisher bin ich noch nicht an meine Grenzen gekommen :-).
Aber Hilfe musste ich schon in Anspruch nehmen.
Grüße
vom Käpt’n der La Pirogue
(Holger)
Hallo Stefan,
ja ja, die Welt ist ein Dorf…ich war dein Liegeplatznachbar Saison 2013 an Backbord. Leider hatten wir nie die Gelegenheit, uns richtig kennenzulernen…Nun ist die FengShui verkauft und es sind nun 2m mehr Schiff geworden. Die Suria ist nun zu groß für die Box und ich wurde kurzerhand an den „Dekadenzsteg“ verlegt…na ja, hab mich dort nun auch eingelebt…:-)
Ich habe diesen Winter einen Hallenplatz in Holm ergattert und deine Tabelle mit den entsprechenden Daten gefüttert. Vielleicht hilft’s dem einen oder anderen.
Übrigens tolle Seite, die du da hast, war angenehm überrascht.
Freue mich auf mehr…
Gruß Dirk
Moin Dirk,
ich freue mich von Dir zu hören und schön, dass Dir meine Seite gefällt. Das ist ja wirklich ein Zufall 🙂 Danke für die Ergänzung der Tabelle mit Deinen Winterlagerplatz Infos. Gerade für Segler aus dem Kreis Pinneberg ist das ja eine super Option. Welchen Buchstaben hat denn der Dekadenzsteg? Den Spitznamen kannte ich noch gar nicht.
Ich hab nächste Woche Krantermin… *Trauer*
Grüße
Stefan
Hallo Stefan,
Ich und mein Schandmaul….!
Das ist kein Spitzname, das ist eine Beobachtung. Wenn ich den Buchstaben sage, werde ich geteert und gefedert. Und es ist auch keine Wertung, jeder halt nach seiner Fasson…nur soviel, man muss keine Kurven laufen. Alles klar?
Angenehme Wintersaison noch
Hallo,
im Hamburger Westen kann ich noch den Bootshandel Goereke empfehlen.