Kabine Sommertörn

Pfingstsonntag, 08. Juni 2014, 12.30 Uhr, Hochwasser Schulau: Ich lege ab vom Steg D im Hamburger Yachthafen. Ich fahre Einhand. Meine Freundin Sophie winkt mir vom Steg zu und ich zurück, schenke Ihr ein Lächeln nach dem geglückten Ablegemanöver bei strahlendem Sonnenschein. Hinter der Hafenausfahrt empfängt mich die Elbe mit einer Brise von 3 Beaufort aus WNW. Bei der Richtung kann ich leider keine Segel setzen. Das bedeutet Motorfahrt, sei es drum, ich freue mich jetzt endlich loszufahren.

Ich lege ab zu meinem langen Sommertörn, rund zwei Monate möchte ich unterwegs sein. 

Einige Wochen mehr oder weniger können es auch werden. Das lasse ich dieses Mal ganz auf mich zukommen. Die Freiheit und Zeit dafür habe ich mir in diesem Jahr einfach genommen.

Die Fahrt nach Brunsbüttel verläuft ohne große Ereignisse. Ich schätze mich glücklich, dass die Gewitter hinter mir durch ziehen. Bis auf die leicht zunehmende Wind-gegen-Strom Gischt bleibe ich trocken. Um 17.15 Uhr erreiche ich die Einfahrt zur alten Schleuse Brunsbüttel und sehe gerade noch die sich schließenden Schleusentore.

Hätte ich doch nur den Hinweis aus dem Törnführer angenommen. 

Mich per Funk beim Schleusenwärter vorab anzumelden wäre wirklich ein Leichtes gewesen, und so wäre ich vielleicht noch mitgekommen. So darf ich Kreise drehen und die entgegenkommenden Schiffe aus der Schleusung beneiden. Nachdem die Ausschleussung durch ist und die Lichter zur Einfahrt nach einer halben Stunde immer noch auf rot stehen, greife ich zum Funkgerät und gehe auf den Arbeitskanal der Schleuse:

„Kiel Kanal 1 – Kiel Kanal 1 – Segelyacht Hoppetosse – bitte kommen“.

„SY Hoppetosse – Kiel Kanal 1“

„Kiel Kanal 1, ich bin das kleine Holzboot, das hier vor der Schleuseneinfahrt kreist. Ist die alte Schleuse heute noch in Betrieb?“

„Ja, da ist gleich noch ein KüMo angemeldet, das wir mitnehmen wollen. Da kannst Du mit rein. Aber bitte die Wartezone südöstlich von der Kanalausfahrt beachten.“

„Kiel Kanal 4, danke mach ich und bis gleich. Ende.“

Ein Einhand Schleusenmanöver aus dem Lehrbuch, oder?

Obwohl ich schon einige Schleusenmanöver mit der Hoppetosse bei einer Überführung durch den Elbe-Lübeck-Kanal vor zwei Jahren absolviert habe, bin ich beim Einfahren in die Schleuse um 18.30 Uhr als einziges Sportboot neben einem ca. 80 Meter langen Küstenmotorschiff ein wenig aufgeregt. Das führt prompt dazu, dass ich beim Ablegemanöver nicht ausreichend auf die Achterleine achte und diese sich in der Schraube verfängt. So treibe ich ohne Leinenverbindung zum Anlegesschwengel quer in der Schleuse und merke erst nach dreimaligem Absaufen des Motors nach dem Einkuppeln, was Sache ist.

Meine verzweifelt-suchenden Blicke nach einer Person zum Annehmen einer Leine bleiben unbeantwortet, aber einer der Matrosen vom KüMo gibt mir mit seiner Drachenboot-Ruderer-Geste die Eingebung.

Wie ein Pfeil springe ich unter Bord und habe, schneller als Du mit dem Auge zwinkern kannst, den Riemen meines Dinghys in der Hand. Wenige, kräftige Paddelzüge bringen mich an den sicheren Steg. Das KüMo kann jetzt erstmal ausfahren. Der Kapitän erkundigt sich dabei von seiner 15 Meter hohen Brücke noch sehr aufmerksam nach meinem Wohlergehen – er will natürlich auch wissen, was geschehen ist – und gibt mir zum Abschied den Tipp, das der Yachthafen gleich links hinter der Schleuse ist, wo ich wohl recht einfach hinrudern könne.

Ich greife zum Funkgerät und teile dem Schleusenwärter die Lage mit. Meine Frage nach einer möglichen Schlepphilfe oder ob ich rudern soll, war wahrscheinlich etwas ungeschickt gestellt, so dass ich nur ein lapidares „wenn Du rudern kannst…“ zurückbekomme. Habe ich mit meinem Schiff ehrlich gesagt noch nicht über eine längere Distanz ausprobiert, aber ich lege einfach mal los und schiebe mich so unter Muskelkraft ganz passabel aus der Schleuse. Hinter der Schleusenausfahrt steht allerdings der Westwind, gegen den ich die 2,5 Tonnen Verdrängung der Hoppetosse nicht mit einem Riemen manövriert bekomme. Mein Winken mit einer Schleppleine wird zum Glück nach mir ewig lang vorkommenden drei Minuten von einem passierenden Hafenlotsen mit seinem Tenderboot erwidert.

Taufe im NOK und eine Erkenntnis über Segelmesser

Das Ergebnis der Tauchsession - Tampen - Segelmesser - Neopren

Das Ergebnis der Tauchsession – Tampenreste – Segelmesser – Neopren – Schnorchel

Um 19:00 bin ich fest am Nordhafen-Pier.  Nach einer kleinen Stärkung und Verschnaufpause ist für mich Taufe im N-O-K angesagt. Habe ohnehin ein paar neue Neopren- und Schnorchel-Gadgets, die ich ausprobieren wollte. Zwar eigentlich lieber in einer glasklaren Lagune in der dänischen Südsee, aber was solls. Nach einer guten Stunde im  blickdichten Wasser habe ich den Tampen aus der Schraube entfernt. Erkenntnis des Abends: Glatte Segelmesser ohne Säge sind vielleicht schickes Spielzeug, aber zum Durchtrennen von dicken Tampen (bei mir 14mm Festmacher) nicht geeignet. Mit dem Marlspieker will man unter Wasser ohne Sicht auch nicht arbeiten, mal ganz davon zu schweigen, dass meine Schiffsschraube die Knoten doch recht fest angezogen hat. Zum Glück habe ich noch einen Leatherman Sceletool mit Sägeklinge  an Bord, mit dem ich dem Wuhling an der Schraube den Garaus mache. Ein kurzer Test bestätigt, dass Motor, Welle und Getriebe keine zumindest offensichtlichen Schäden davongetragen haben und weiterhin ihren Dienst verrichten.

Das war mein erster Törntag mit etwas mehr Abenteuer als geplant.

Hast Du auch schon einmal so einen ereignisreichen Törnstart erlebt? 

Ich freue mich auf Feedback und Kommentare.

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Stefan

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